GREEN – Mobiliität neu denken ​

Das Auto ist immer noch das beliebteste Fortbewegungsmittel – mal eben zum Bäcker, schnell zur Post und das zu jeder Tageszeit, wann immer es einem verlangt. Es überrascht daher nicht, dass es in Deutschland über 65 Millionen Autos gibt.

Eine grundlegende Veränderung dieser Situation ist nicht zu erkennen: Vielmehr gab es bei den privaten Haushalten in den vergangenen zehn Jahre einen Trend zum Zweit- oder Drittwagen: Im Jahr 2010 kamen auf 100 Haushalte noch 102 Autos – im Jahr 2020 waren es ca. 108 Autos [1,2,3]. Verbrennermotoren machen den überwiegenden Anteil des Individualverkehrs aus. Demgegenüber mehren sich Stimmen, die mit Blick auf die deutschen Klimaschutzziele auf den großen Anteil von Kohlenstoffdioxidemissionen aus dem Verkehrssektor verweisen. Um die sich verschärfende Klimakrise einzudämmen, braucht es ein radikales, nachhaltiges Umdenken in der Bevölkerung und veränderte Mobilitätsstrukturen. Fahrgemeinschaften und der Ausbau des ÖPNV können hier Lösungen darstellen, um die Emissionen im Straßenverkehr zu reduzieren und darüber hinaus den Geldbeutel aufgrund geringerer Benzinkosten zu schonen.

Dieser Gedanke wird gegenwärtig auch im Projekt GREEN verfolgt. Das Vorhaben wird in Zusammenarbeit zwischen der Deutschen Umweltstiftung und der Universität Kassel realisiert und schafft Wege für neue nachhaltige Mobilitätsformen. Dafür ist der Schwerpunkt auf die Entwicklung und Erprobung neuer digitaler Technologien auf der kommunalen Ebene gelegt. Dabei soll das Bewusstsein für Mobilität verändert und die Annahme möglicher Alternativen zum Auto gesteigert werden. Hierzu werden in den teilnehmenden bayrischen Gemeinden Schöllkrippen, Mömbris, Kahl am Main und im sächsischen Netzschkau digital gestützte Mobilitätsplattformen implementiert. 

Gamification, Regulations, and Environmental Enhancing Nudges

Kernstück des Vorhabens sind digitale Mobilitätstafeln, die an Knotenpunkten in den ländlichen Gemeinden aufgestellt werden. Sie ist mit einer Online-Anwendung verknüpft, in der Anwohner*innen einmalige und/oder regelmäßige private Mitfahrangebote eingeben können. Diese werden nicht nur in einem Online-Kalender angezeigt, sondern auch auf dem örtlichen Display selbst. Zum angegebenen Zeitpunkt fahren die Inserent*innen zur Mobilitätstafel und sammeln interessierte Mitfahrer*innen ein. So wird zukünftig die Bildung spontaner Fahrgemeinschaften erleichtert. In Kooperation mit lokalen Kulturstätten sollen auf dem Display zudem privat organisierte sowie anlassbezogene Fahrten zu den teilnehmenden Einrichtungen ermöglicht werden. Ziel ist es, den örtlichen Anwohner*innen einen verbesserten Zugang zu regionalen Kulturangeboten zu ermöglichen.

Hinter dem Projekt GREEN stehen drei Strategieansätze: 

Um alternative Verkehrsmodi zu implementieren, sollen durch partizipative Prozesse und adressatenorientierte Kommunikation relevante Interessengruppen wie Bürger*innen, öffentliche Institutionen und politische Entscheidungsträger*innen in das Projekt eingebunden werden und aktiv mitwirken. Hierfür sind Workshops, populärwissenschaftliche Publikationen sowie gezielte Medien und Öffentlichkeitsarbeit geplant.

Durch Nudges – Schubser wie kleine Anreize, Vorschläge oder indirekte Hinweise, um menschliche Verhaltensweisen und Gewohnheiten zu ändern – sollen Bürger*innen im ländlichen Raum zur Nutzung dieser neuen Mobilitätsplattform bestehend aus einer Mobilitätstafel, einer Mobilitätsapp und einem Webauftritt hingeführt werden.

Ein spielerischer Ansatz – Gamifizierung – zur Einübung in die Nutzung öffentlicher und emissionsarmer Verkehrsmittel soll zu guter Letzt Verhaltensveränderung anstoßen und erlernen.

Alle drei Strategien werden mittels wissenschaftlicher Methoden seitens der Universität Kassel untersucht.

Quellen

[1] Statistisches Bundesamt, 2021: Pressemitteilung vom 15. September 2021: 68 % der Erwerbstätigen fuhren 2020 mit dem Auto. Abgerufen am 23.11.2021 von https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2021/09/PD21_N054_13.html

[2] Statistisches Bundesamt (2), 2021: Straßenverkehr: Dominanz des Autos ungebrochen. Abgerufen am 23.11.2021 von https://www.destatis.de/Europa/DE/Thema/Verkehr/Auto.html 

[3] Tagesschau, 2021: Zahl der Autos pro Haushalt nimmt zu. Abgerufen am 23.11.2011 von https://www.tagesschau.de/wirtschaft/pkw-zulassung-zunahme-101.html